1. WAS IST DEPRESSION?

Depression ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung. Sie gilt als eine der heimtückischsten und am meisten unterschätzten, denn sie ist immer noch unzureichend erforscht und wird in weiten Teilen der Gesellschaft tabuisiert. Trotz unzureichender Erforschung ist sie aber inzwischen gut behandelbar und heilbar. Der Verlauf der Krankheit an und für sich ist nicht tödlich, kann aber nicht selten den Betroffenen dazu bringen, Suizid (Selbstmord) zu begehen.

 

2. WAS SIND DIE SYMPTOME?

Bei Depressionen handelt es sich um Zustände innerer Leere, Antriebslosigkeit, Verlust der Freude am Leben, Gefühlskälte, d.h. Unfähigkeit, Gefühle wie Freude,Trauer, Wut, sexuelle Erregung etc. wie gewohnt zu empfinden, lang andauernde tiefe Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, Zukunftsängste, manchmal unbegründete und total übertriebene; schwer depressive empfinden sogar vollkommenele Sinnlosigkeit des eigenen Lebens; das führt zu Schlafstörungen, vermindertem Appetit, sozialem Rückzug, starker Verminderung der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit; nicht selten kommen körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schwindel oder Übelkeit hinzu; unterm Strich führt das dazu, dass Betroffene kaum in der Lage sind, ihrer Arbeit oder sonstigen aktiven Tätigkeiten nachzugehen, sich um elementare Angelegenheiten wie Einkaufen, Kochen, Putzen oder Körperpflege zu kümmern; im schlimmsten Fall führen Depressionen zu Suizidversuchen oder auch zur Vollendung eines Suizids, wobei statistisch deutlich mehr Versuche misslingen als gelingen.

 

3. WO KOMMEN SIE HER?

Die Entstehungsursachen von Depressionen sind noch immer unzureichend erforscht. Manchmal findet man keinen sichtbaren Auslöser und auch keinerlei sonstige Ursachen durch äußere Faktoren wie Streß, Trauerfälle im nahen Umfeld des Betroffenen, Ereignisse im eigenen Berufs- und Privatleben etc. Dann spricht man von endogenen (= "innen entstandenen") Depressionen, die auf Störungen und Veränderungen der neurobiologischen Prozesse im Gehirn und/oder Hormonhaushalt zurückzuführen sind. Trennungen, Trauerfälle, extreme Überforderung im Alltag und Berufsleben, Verlust von existenziellen Dingen wie Arbeitsstelle, Wohnung und Vermögen, auch extreme Schuldgefühle, beispielsweise im Falle eines selbstverschuldeten Verkehrsunfalls - das sind alles mögliche und auch sehr häufige Ursachen. Erkrankungen nur durch reine genetische Vererbung von Vorfahren sind eher selten der Fall. Eine Form, die heutzutage in reichen Industrieländern immer häufiger auftritt, ist der sog. "Burnout" (=Erschöpfungsdepression), hervorgerufen durch Überlastung, Streß und Überforderung. Auch das Gegenteil davon, der sog. "Boreout", ist nicht selten, verursacht durch Langeweile und Unterforderung, bspw. wenn man sich am Arbeitsplatz nicht gebraucht oder überflüssig fühlt oder über Jahre arbeitslos ist. Die sogenannte "Winterdepression" kann entstehen, wenn sich der Körper nicht schnell genug an Wetterveränderungen anpassen kann, in erster Linie bezüglich der Temperatur- und Tageslichtverhältnisse, was zu akutem Mangel an Vitamin D führen kann. Im Übrigen ist es sehr wichtig, sauber zwischen vorübergehenden depressiven Verstimmungen bei psychisch gesunden Menschen und klinischen Depressionen, die eine exakte Diagnose erfordern, zu unterscheiden. Früherkennung und Diagnostik sind mittlerweile auf einem guten Stand. Neurophysiologisch gesehen passiert bei allen Depressionsarten so ziemlich dasgleiche: der Haushalt der Neurotransmitter (=Botenstoffe im Gehirn) Serotonin, Dopamin und Noradrenalin ist gestört. Serotonin und Dopamin gelten als Glückshormone, deren Ausschüttung in den Synapsen und Rezeptoren des ZNS blockiert werden kann. Um dieses Problem zu lösen, werden spezielle Medikamente eingesetzt, die sog. SSRI = SerotoninWiederaufnahmehemmer. Sie verhindern, dass sich zu viel Serotonin im synaptischen Spalt ansammelt und gewährleisten so einen schnelleren Abfluß des Transmitters in die Synapsen, also sorgen dafür, dass die Konzentration des Serotonin im ZNS steigt, was fürs Wohlbefinden und den inneren Antrieb immens wichtig ist. Was verschiedene Diagnosen anbelangt, stößt man nicht selten auf "bipolare affektive Störungen" oder den Begriff "manisch-depressiv". Solche Depressionen werden beim Abklingen durch Phasen der "Manie" begleitet - so ziemlich das Gegenteil, einen Zustand der besten Laune, Überdrehtheit, Überheblichkeit und maßlosen Selbstüberschätzung; manchmal führt dieser Zustand aber auch zu einem neuen Depressionsausbruch. Alle Fakten zu verschiedenen Diagnosen findet man im internationalen Katalog der Erkrankungen ICD-10 unter den Nummern F.31-F.39.

 

4. WAS TUN DAGEGEN?

Es gibt mittlerweile viele sehr gut entwickelte und erprobte Behandlungsmethoden. Zuerst muß man die Erkrankung erkennen, sich eingestehen, dass man eine Depression hat und nicht etwa mangelnde Selbstdisziplin oder Willenskraft (das wird vielen Depressiven vorgeworfen, darum lautet noch eine wichtige Aufgabe: Aufklärung und Enttabuisierung der Krankheit in der Öffentlichkeit!), dann braucht man eine exakte oder zumindest verlässliche Diagnose. Es wird entschieden, ob die Erkrankung ambulant, also nicht ortsgebunden, oder stationär in einer Klinik behandelt wird; bei erhöhter Suizidgefahr wird manchmal auch ohne Einwilligung des Patienten eine Behandlung in einer geschlossenen Psychiatrie angeordnet - es kann zu einer Zwangseinweisung kommen. Doch besser ist es, wenn  die Patienten absprachefähig sind und den Grad ihrer Selbstgefährdung selbst bestimmen können, sodass nicht über ihren Willen hinweg gehandelt werden muss. Die meisten Behandlungsmethoden kombinieren medikamentöse Behandlung mit Psychotherapie, überwiegend Gesprächstherapie oder kognitive Verhaltenstherapie; das genaue Verhältnis dieser zweier Hauptbestandteile muss individuell je nach Diagnose und Schweregrad festgelegt werden. Bei stationären Behandlungen werden zusätzlich zur allgemeinen Stimmungsaufhellung verschiedene Beschäftigungs-, Bewegungs-, Sport- oder Musiktherapien angeboten. Auch die sog. "Wachtherapie", die kontrollierten Schlafentzug bedeutet, findet nicht selten Verwendung. Es wird davon abgeraten, regelmäßigen Tätigkeiten wie Arbeit, Schule oder Studium nachzugehen, wobei es hier auch Ausnahmen gibt, etwa wenn ebengenannte Tätigkeiten einer schnelleren Genesung dienen können. Schwer suizidgefährdete Patienten müssen, selbstverständlich nur im Interesse ihrer Genesung und Sicherheit (es ist ja eine reelle Lebensgefahr vorhanden!), mit Freiheitsentzug rechnen. Im schlimmsten Fall bedeutet dies eine Fixierung im Bett oder Verabreichung von schweren müdemachenden und bewusstseinsdämpfenden Medikamenten. Nicht suizidgefährdete Patienten auf offenen Stationen können die Klinik jederzeit auf eigenen Wunsch verlassen; es wird aber dringend davon abgeraten, falls die Fakten dafür sprechen, dass der Patient noch immer nicht genesen ist. Da es leider immer noch keine verlässlichen Detektoren für den Schweregrad gibt außer den Patienten zu befragen und zu "hoffen", dass er die Wahrheit erzählt, werden immer wieder Suizide nicht verhindert, die hätten verhindert werden können; doch manchmal verschweigt der Patient seine Selbstmordabsichten so konsequent, dass es keine Möglichkeit besteht, ihn davon abzuhalten, wie z. B. im Falle eines bekannten 2009 verstorbenen deutschen Fußballers. "Antidepressiva" lautet der Sammelbegriff für die benötigten Medikamente, die wichtigsten Unterordnungen sind trizyklische Antidepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Zu den bekanntesten Marken zählen Escitalopram, Aripiprazol, Clozapin, Lamotrigin, Citalopram, Paroxetin, Sertralin...Besonders wichtig für eine schnelle effektive Genesung sind außerdem viel Tageslicht, Sport, vitaminreiche Nahrung und vor allem Verständnis im familiären und sozialen Umfeld und/oder in der Partnerschaft.

 

5. NOCH ETWAS STATISTIK

Es gibt alleine in Deutschland über 4 Millionen Depressive. Natürlich ändert sich die Zahl ständig durch Neuerkrankungen. . Es führt zu Hunderten Millionen Fehltagen jährlich, quer durch alle Berufsgruppen. Besonders gefährdet sind in der Schule gemobbte Kinder und Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren, aber auch Menschen, die sich von ihrem Partner trennen mussten. Die am meisten gefährdeten Berufsgruppen sind Ärzte, Pfleger, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten und Lehrer. Depression ist mit Abstand der häufigste Suizidgrund - etwa die Hälfte der Menschen, die sich das Leben genommen haben, hatten Depressionen. Bei Frauen werden Depressionen etwa doppelt so häufig wie bei Männern diagnostiziert, was Forschungen zufolge nur daran liegen mag, dass Depressionen bei Frauen schneller erkannt werden, da Frauen offener als Männer darüber reden; Suizid begehen deutlich mehr Männer. Und durch Suizid sterben mehr Menschen, als durch Drogenmissbrauch, AIDS und Verkehrsunfälle zusammengerechnet. In Deutschland begehen jährlich mehr als 10 000 Menschen Selbstmord. Das bedeutet, häufiger als alle 53 Minuten passiert es in unserem Land. Und weltweit nimmt sich sogar alle 40 Sekunden ein Mensch das Leben. Also gibt es gute Gründe, nicht nur die Behandlungsmethoden immer weiter zu entwickeln, sondern vor allem flächendeckend die ganze Bevölkerung aufzuklären, sodass jeder sagen kann, was Depression eigentlich ist, ohne sich den gesamten Inhalt dieser Faktensammlung merken zu müssen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und die Ausdauer - an alle, die bis zur letzten Zeile durchgehalten haben!